«Die Stimme des Verbands wird gehört.»
Elf Jahre lang war er im Vorstand von Infra Suisse. An der Mitgliederversammlung trat Hanspeter Stadelmann nun zurück. Wir blicken im Interview auf seine Zeit beim Verband zurück und sprechen mit ihm über die Chancen und Herausforderungen des Schweizer Infrastrukturbaus.
Was macht dich besonders stolz, wenn du heute auf den Verband blickst?
Infra Suisse ist heute eine etablierte Grösse im Schweizer Infrastrukturbau. Die Stimme des Verbands wird gehört. Wir haben uns in den letzten Jahren durch einen regelmässigen Austausch mit wichtigen Akteuren in der Branche wie beispielsweise dem Bundesamt für Strassen und SBB Infrastruktur eine sehr gute Position erarbeitet. Auch unsere Mitglieder schätzen die Dienstleistungen und Veranstaltungen von Infra Suisse sehr. Besonders am Herzen liegt mir die Entwicklung der Berufsfachschule Verkehrswegbauer in Sursee. Das Team hat es mit grossem Engagement geschafft, führend im Einsatz von digitalen Lehrmitteln zu werden. Hut ab! Ich freue mich zu sehen, wie routiniert die jungen Berufsleute heute mit Laptop und Tablet umgehen und somit auch für den Baustellenalltag gezielt einsetzen können.
Was waren deine ganz persönlichen Highlights?
Die Fachkonferenzen Untertagbau, die ich während der letzten elf Jahre leiten durfte. Der Austausch über wichtige fachliche Themen aus der Branche war für mich immer eine Bereicherung. Auch ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit in der Branche zu etablieren und das Engagement von Infra Suisse für mehr Nachhaltigkeit, empfand ich als einen wichtigen Meilenstein. Wir haben nur einen Planeten und wir müssen schonend mit unseren natürlichen Ressourcen umgehen.
Was hat sich in den letzten elf Jahren deiner Meinung nach im Schweizer Infrastrukturbau besonders verändert?
Der Infrastrukturbau unterliegt permanent Veränderungen, denn unsere Branche ist stark Technologie getrieben. Allgemein kann man aber sagen, dass heutzutage Entwicklungen immer schneller umgesetzt werden können und der Infrastrukturbau aufgrund seines Mechanisierungsgrades und seiner industriellen Produktionsweise offener ist für Innovationen als andere Bauberufe. Die Investitionen in neue Maschinen und Geräte sind natürlich für die Bauunternehmen ein grosser Kostenfaktor. Unsere Branche ist entsprechend flexibler geworden, denn mittlerweile können die meisten Geräte und Maschinen auch gemietet werden.
Eine der grössten Veränderungen in den letzten elf Jahren ist sicherlich, dass wir zunehmend die Verkehrsträger Strasse und Schiene unterhalten und erneuern, anstatt neue zu bauen. Dabei müssen die Infrastrukturbauer besonders flexibel sein: Im Gegensatz zum Neubau ist hier die Bautätigkeiten unter Betrieb nur eingeschränkt oder zu Randzeiten möglich. Und diese Randzeiten werden immer kürzer, denn im Vergleich zu früher nutzt man unsere Verkehrsträger heute viel stärker und sie sollen möglichst wenig eingeschränkt werden.
Was in all den Jahren aber gleich geblieben ist: Der Infrastrukturbau begeistert nach wie vor junge Leute durch innovative Technologien und Maschinen. Wenn wir also weiterhin aktiv bleiben, mache ich mir um den Nachwuchs wenig Sorgen.
Wo siehst du für die Schweizer Infrastrukturbauer die grössten Chancen und Herausforderungen in den nächsten Jahren?
Die Schweizer Infrastrukturen müssen funktionieren, sonst stehen Wirtschaft und Gesellschaft still. Ob wir in ferner Zukunft neben den traditionellen Verkehrswegen vermehrt den Untergrund oder den Luftraum nutzen, ist schwer vorauszusagen. Ich bin überzeugt, dass es der unterirdische Raum sein wird, was aktuelle visionäre Projekte wie Cargo sous terrain oder Hyperloop zeigen. Optimistisch stimmt mich, dass mit FABI und NAF die Finanzierung der Schweizer Infrastrukturen in den kommenden Jahren gesichert ist.
Eine wichtige Herausforderung für uns Infrastrukturbauer ist die Digitalisierung und damit ist nicht nur BIM gemeint, sondern der Umgang mit und die Nutzung von Daten, sowie die Zusammenarbeit in Projekten. Neue Kooperationsmodelle fördern die Innovation und sind dringend notwendig, um der zunehmenden Komplexität der Bauprojekte zu begegnen. Dabei ist entscheidend, dass das Projekt im Zentrum steht. Einzelinteressen haben hier keinen Platz. Wissen und Kompetenzen der Bauunternehmen sollten früh in die Projekte eingebunden werden und ein Austausch zwischen Kunden und Lieferanten auf Augenhöhe stattfinden, wie zum Beispiel beim Ansatz Integrated Project Delivery (IPD).
Infra Suisse unterstützt Schweizer Studierende am Tunnelbauwettbewerb von Elon Musk als Goldpartner. Sie wollen nichts weniger als den Tunnelbau revolutionieren. Wenn du in die Zukunft blickst, welche Innovationen siehst du auf den Infrastrukturbau noch zukommen?
Die Nutzung des Untergrunds wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die Idee von Elon Musk mit Highspeed Tunnel zu erstellen, ist nicht nur visionär, sondern auch von grosser Bedeutung für die Entwicklung des Tunnelbaus in den kommenden Jahren. Nur so kommen Innovationen voran, wenn junge Ingenieurinnen und Ingenieure Fragen stellen und neue Ideen ausprobieren.
Was den Infrastrukturbau zukünftig noch verändern wird, ist das autonome Fahren, die Digitalisierung sowie intelligente und wiederverwendbare Baustoffe. Wie bereits erwähnt, erachte ich das Thema Nachhaltigkeit als besonders wichtig – 2021 hatten wir bereits Mitte Mai unsere Ressourcen in der Schweiz für das ganze Jahr aufgebraucht.
Mit der Digitalisierung wird auch der Einsatz von Robotern zunehmen. Schon jetzt schickt man Roboter dorthin, wo Menschen nicht hingelangen können. Wer weiss, vielleicht schaffen wir es irgendwann zum Mittelpunkt der Erde.
Neben dem Vorstand von Infra Suisse bist du auch in anderen Verbandsgremien tätig. Engagierst du dich weiterhin für die Baubranche?
Ja, ich bleibe der Verbandswelt erhalten. Seit 2017 bin ich im Zentralvorstand des Schweizerischen Baumeisterverbandes und vertrete das Forum überregionale Firmen. Seit Juli 2019 fungiere ich zudem als Präsident der Ausgleichskasse 66. Auch darf ich nach wie vor im Stiftungsrat vom Campus Sursee die Interessen des Tiefbaus, also auch der Berufsfachschule Verkehrswegbau vertreten. Ich bin sehr dankbar für das Vertrauen. Und für meinen Arbeitgeber Implenia plane, leite und realisiere ich weiterhin spannende und herausfordernde Infrastrukturbauprojekte.
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