Umweltverantwortungsinitiative: Ein umstrittenes Vorhaben mit Potenzial und Kritik

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Die Schweiz steht erneut vor einer wegweisenden Entscheidung in der Umweltpolitik. Am 9. Februar 2025 wird über die sogenannte „Umweltverantwortungsinitiative“ (UVI) abgestimmt. Die Initiative fordert, dass die Schweiz ihre Umweltauswirkungen auf ein nachhaltiges Niveau senkt, das die natürlichen Lebensgrundlagen auch für zukünftige Generationen schützt. Doch die Meinungen über den Weg zu diesem Ziel gehen weit auseinander.

 

Was fordert die Initiative?

Die Umweltverantwortungsinitiative verlangt, dass der Bund klare und verbindliche Ziele zur Reduktion der Umweltauswirkungen der Schweiz festlegt. Dabei sollen Umweltbelastungen nicht über das hinausgehen, was ökologische Tragfähigkeitsgrenzen zulassen. Das könnte unter anderem schärfere Anforderungen an Produktionsprozesse, Bauvorhaben und Mobilitätskonzepte nach sich ziehen.

Laut den Initianten sind die bisherigen Anstrengungen unzureichend. Die bisherigen freiwilligen Massnahmen der Industrie würden nicht ausreichen, um die Umweltbelastung effektiv zu senken. Das Ziel sei es, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren — auch für künftige Generationen. Dafür soll die Bundesverfassung mit einem ökologischen Grundsatzartikel ergänzt werden.

 

Initiative in Bezug auf die Baubranche

Die Baubranche und auch Infra Suisse stehen der Initiative kritisch gegenüber. Wir sehen keine Notwendigkeit für neue gesetzliche Vorschriften, da die Branche bereits proaktiv an der Umsetzung von Umweltzielen arbeitet. Branchenvertreter betonen, dass bereits jetzt zahlreiche innovative Ansätze und technologische Fortschritte gemacht wurden, die in die gleiche Richtung wie die Initiative zielen — allerdings ohne regulatorischen Druck. Im Infrastrukturbau werden bereits innovative Ansätze umgesetzt. Nachfolgend einige Beispiele:

1. Elektrische Baustellenfahrzeuge: Auf Baustellen setzen die Unternehmen emissionsarme Alternativen zu klassischen Dieselfahrzeugen ein. Elektro-Bagger, Radlader und Transportfahrzeuge sind keine Seltenheit mehr. Diese Entwicklung reduziert die Luftverschmutzung und die CO2-Bilanz der Baustellen.
2. CO2-neutrale Betonerzeugnisse: Beton gilt als eine der grössten CO2-Quellen in der Bauwirtschaft. Doch neue Technologien ermöglichen die Herstellung von klimafreundlichem Beton, der mit recycelten Materialien und innovativen Bindemitteln die Emissionen signifikant senkt.
3. Kreislaufwirtschaft: Der Einsatz von Sekundärrohstoffen (recycelte Baumaterialien) wird gefördert. Baustoffe wie Stahl und Beton werden zunehmend in den Materialkreislauf zurückgeführt, anstatt sie zu deponieren. Diese Kreislaufwirtschaft reduziert die Neuproduktion von Rohstoffen.
4. Digitale Bauplanung (Building Information Modeling, BIM): Digitale Bauprozesse optimieren den Ressourceneinsatz bereits in der Planungsphase. Materialbedarfe werden präziser berechnet, was Abfälle und Überproduktionen minimiert.

Bereits erfolgreiche Initiativen würden durch neue Vorschriften überlagert. Zusätzliche Regularien könnten Innovationsprozesse eher hemmen als fördern. Wir sprechen uns deshalb für freiwillige Selbstverpflichtungen aus, die flexibler auf technologische Entwicklungen und Marktbedürfnisse reagieren können.

 

Bewertung der möglichen Folgen

Sollte die Initiative angenommen werden, könnte dies weitreichende Folgen für die Schweizer Wirtschaft haben. Wir befürchten Wettbewerbsnachteile für Unternehmen, da die Einhaltung neuer Umweltvorgaben zusätzliche Kosten verursachen könnte. Zudem könnte der Gesetzgebungsprozess langwierig und komplex werden, da die genauen Anforderungen noch nicht im Initiativtext stehen, sondern in der Umsetzung konkretisiert werden müssen. Ohne zu wissen, welche Anforderungen und Vorgaben letztendlich definiert werden, besteht die Gefahr, die sprichwörtliche „Katze im Sack“ zu kaufen.

Aufgrund der bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen können Innovationen und Investitionen in grünere Technologien vorangetrieben werden. Das Umweltschutzgesetz sieht im Artikel 35j die Vorbildfunktion des Bundes vor. Das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KlG) legt unter dem Titel „Vorbildfunktion von Bund und Kantonen“ die Ziele in Bezug auf die angestrebten Netto-Null-Emissionen konkret fest. Die Schweiz kann somit eine Vorreiterrolle übernehmen. Infra Suisse ist bereit, diese Schritte aktiv zu begleiten.