Labels und strenge Minimalanforderungen behindern den Qualitätswettbewerb

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Strenge Minimalanforderungen oder Eignungskriterien verunmöglichen Innovation und nachhaltigen Qualitätswettbewerb. Öffentliche Bauherren, die statt 30 Prozent Recyclingbeton neu 70 Prozent ausschreiben, ausschliesslich Lastwagen mit der Abgasnorm «Euro 7» wollen und von jedem Bauunternehmen ein Nachhaltigkeits-Label verlangen, geben sich nachhaltig. Sie schaffen jedoch nichts anderes als einen klassischen Preiswettbewerb. Von den Angeboten, die die hohen Anforderungen erfüllen, wird nämlich weiterhin das billigste gewinnen. Qualitätswettbewerb, wie es das neue Beschaffungsrecht vorsieht, funktioniert anders.

Um den Beschaffungsmarkt nicht unnötig einzuschränken, sollten die Eignungskriterien und technischen Anforderungen wirklich nur die wichtigsten Grundlagen festlegen. Bei den qualitativen Zuschlagskriterien hingegen braucht es eine abgestufte Bewertung wie man sie bereits von der Preiskurve kennt. Wenn sich der Anbieter so dank einer Extraportion Nachhaltigkeit, Innovation, Präzision oder anderer qualitativer Faktoren von seinen Mitbewerbenden hervorheben kann und den Zuschlag auch kriegt, wenn er teurer ist, dann funktioniert der Qualitätswettbewerb. Das Engagement der Anbieter zahlt sich endlich aus. Der Bauherr kriegt im Gegenzug ein verlässliches Angebot und mit vielleicht schon bald 100 statt 70 Prozent Recyclingbeton, emissionsfreie Transporte und echte Nachhaltigkeit statt weitere Labels.

Die Umsetzung des neuen öffentlichen Beschaffungsgesetzes ist eine Herausforderung. Die meisten öffentlichen Bauherren befürchten offenbar, teures Lehrgeld bezahlen zu müssen und glänzen weiterhin mit Zurückhaltung. Das ist schade. Denn die Zeit für den Kulturwandel im Beschaffungswesen, die ist reif.

Kolumne für bauenschweiz.

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