Wenn ein Hamster die Preise sinken lässt
Am Ende des Jahres wird Bilanz gezogen. Auch wenn noch nicht alle Zahlen zusammengezählt und konsolidiert sind, eines ist vorweg schon klar: Die Preise für Bauleistungen sind auch im Jahr 2011 gesunken. Und dies trotz rekordverdächtigem Bauvolumen. Diese Entwicklung scheint, zumindest aus ökonomischer Sicht, völlig unverständlich. Wagt man einen Blick in die Geschichte der Agrarwirtschaft, ist eine solche Situation jedoch weder neu noch unlogisch.
In den 1950er Jahren sanken die Produzentenpreise für Brot- und Futtergetreide markant. Weshalb? Durch die Ausnützung des technischen Fortschritts, also den vermehrten Einsatz von ertragreicheren Getreidesorten, Kunstdünger und Maschinen, konnte die Produktion bei konstanter Anbaufläche kontinuierlich gesteigert werden. Die nachgefragte Menge nach Futter- und Brotgetreide hingegen blieb relativ konstant. Das drückte auf die Marktpreise und auch auf die Einkommen der Getreideproduzenten.
Die Landwirte waren gezwungen, noch effizienter zu produzieren. Die Produktionskosten pro Tonne Weizen oder Futtergerste mussten weiter gesenkt werden. Dies war aber nur möglich, indem die produzierte Menge pro Hektare Ackerland oder pro Arbeitsstunde weiter gesteigert wurde. Dies führte zu einer weiteren Ausdehnung der Erntemenge und damit zu einem weiteren Preiszerfall. Und der Teufelskreis nahm seinen Lauf.
Die fallenden Preise führten, entgegen aller ökonomischen Logik, nicht zu einem Rückgang der angebotenen Menge, sondern zu einer weiteren Ausdehnung der Produktion. Der amerikanische Ökonom Willard Cochrane hat dieses Phänomen als „landwirtschaftliche Tretmühle“ bezeichnet. Wie die Hamster im Laufrad, die allen Mühen zum Trotz nicht von der Stelle kommen, versuchten die Getreidebauern, ihre Einkommen durch Effizienzsteigerungen zu verbessern.
Erkennen Sie die Parallelen zur Schweizer Bauwirtschaft? Müssen die Bauunternehmer nicht auch ständig die Effizienz steigern, um die Produktionskosten decken zu können? Sinken nicht auch die Preise, trotz konstantem oder sogar steigendem Bauvolumen?
Doch entscheidend ist die Frage: Wie wurde die landwirtschaftliche Tretmühle gebremst? Durch staatliche Interventionen wie Preisgarantien und Mengenkontingentierungen. Arrangiert und umgesetzt von einer starken Agrarlobby. Über Glück und Erfolg in Feld und Stall entschied nicht mehr das Wetter und die Tüchtigkeit des Bauern, sondern die Politik. Eine Perspektive, die für die Bauwirtschaft wohl kaum in Frage kommt.
Der Hamster wird das Laufrad auch im Jahr 2012 drehen, und die Preise werden weiter sinken. Wie damals beim Getreide.