Wenn du zwei nimmst, darfst du drei bezahlen

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Kinderflohmärkte und öffentliche Beschaffungsmärkte ähneln sich. Zumindest in gewissen Bereichen und auf überraschende Art und Weise. Die Funktionsweise von Kinderflohmärkten hat kürzlich eine Beilage der NZZ unter die Lupe genommen. Dort können Verhandlungen zwischen zwei Vierjährigen über den Preis einer Gummiente mitunter so ablaufen:

  • „Wie viel kostet eine Ente?“
  • „Fünf Franken.“
  • „Da steht aber drei Franken.“
  • „Ich kann die Fünf noch nicht schreiben.“
  • „Und wenn ich den Frosch noch dazu nehme?“
  • „Dann darfst Du zwei Enten nehmen und drei bezahlen.“

Der Grund für solches Verhalten ist, so der Autor, nicht etwa mangelndes Wirtschaftsverständnis der Kinder, sondern der Einfluss der Eltern. Deren oberstes Ziel am Flohmarkt ist nämlich nicht etwa, dass ihr Kind ein maximaler Verdienst erzielt. Wichtig ist ihnen viel mehr, dass die Menge der zum Flohmarkt gebrachten Spielsachen grösser ist als die wieder nach Hause getragene „neue“ Ware. Deshalb greifen die Eltern als Marktregulatoren in den freien Fluss von Waren und Geld ein. Der Zielkonflikt zwischen den Marktteilnehmern (den Kindern) und den Regulatoren (den Eltern) erzeugt einen ökonomisch ineffizienten Markt und gefährdet so letztlich den Fortbestand jedes Kinderflohmarktes.

Ähnliche Zustände drohen im öffentlichen Beschaffungswesen. Einem staatlichen Nachfrager stehen in der Regel mehrere Anbieter gegenüber. Die Gefahr, dass der Staat für die Produkte oder Dienstleistungen zu hohe Preise bezahlt, ist deshalb gering. Von diesem intensiven Wettbewerb zeugt beispielswiese die Preisentwicklung für Bauleistungen. Trotzdem werden von den Politikern (sozusagen den Eltern der Beschaffer) stets neue regulatorische Massnahmen ergriffen. Neben einem WTO-Übereinkommen, einem bilateralen Abkommen mit der EU, mehreren Bundesgesetzen und Verordnungen sowie unzähligen kantonalen und kommunalen Gesetzen, Verordnungen und Dekreten sind von den Beschaffungsstellen immer mehr verwaltungsinterne Weisungen und Gerichtsentscheide zu beachten.

Regeln sind per se nicht schlecht. Doch je enger die erlaubten Handlungsspielräume, umso ausgedehnter die dafür nötigen Kontrollen. Deshalb wird der staatliche Einkauf – ob von Bleistiften oder Tunnelbauten – von unzählige Revisionsstellen, Inspektoraten und Aufsichtskommissionen geprüft. Und es werden immer mehr.

Kinderflohmärkte funktionieren auch ohne Eltern ganz passabel. Greift die Politik aber noch stärker in das Beschaffungswesen ein, so wird es zwischen Staat und Unternehmen über kurz oder lang keinen echten Markt mehr geben. Was sind das nur für Zukunftsaussichten für die erfolgreichen Flohmarkthändler von heute?