Beschluss ist Beschluss, Werkvertrag ist Werkvertrag

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Kenne Sie die Insel Lummerland? Wissen Sie, wer König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte ist? Er kommt im Kinderbuch «Jim Knopf und die Wilde 13» von Michael Ende vor. Wenn Sie ihn nicht kennen, ist dies nicht weiter schlimm. Denn Sie kennen die öffentlichen Bauherren der Schweiz. Und einige von ihnen haben durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit König Alfons dem Viertel-vor-Zwölften. Sie fragen weshalb?
Ich erzähle Ihnen eine Anekdote aus König Alfons‘ Regentschaft. Eines Tages rief der Blaublütige seine Untertanen zusammen und verkündete, er habe zwei Beschlüsse gefasst. «Der erste Beschluss», erklärte er feierlich, «ist der, dass ich beschlossen habe, euch meinen Beschluss mitzuteilen. Das habe ich nun getan, und somit habe ich meinen ersten Beschluss ausgeführt.»
Die Lage sei ernst, führte er weiter aus, und so könne es nicht mehr weiter gehen. Seine verdutzten Untertanen verstanden nicht, was er meinte. Er erklärte: «Ihr könnt das alles nicht verstehen. Es ist zu schwierig. Die Hauptsache ist, dass ich es verstehe. Deswegen bin ich ja euer König.» Er holte tief Luft und verkündete: «Mein zweiter Beschluss lautet: Es muss etwas geschehen!»
Einer seiner Untertanen wollte von seiner Majestät wissen, was denn nun geschehen müsse. Da erwiderte der König leicht vorwurfsvoll: «Um das herauszufinden, habe ich euch alle hier versammelt. Ich kann nicht alles alleine machen. Als König hatte ich schon alle Hände voll zu tun, um meine beiden Beschlüsse zu fassen.»
Das Volk sah das ein und unterbreitete dem König diverse Vorschläge. Doch liessen sich diese nicht umsetzen. König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte seufzte bekümmert: «Aber ich habe doch beschlossen, dass etwas geschehen muss. Ich kann nicht zulassen, dass mein Beschluss nicht ausgeführt wird. Ein Beschluss ist ein Beschluss!»
Wie bei «Jim Knopf und den Wilden 13» sieht es manchmal in der Schweizer Bauwirtschaft aus. Insbesondere bei öffentlichen Bauprojekten können einfache Entscheide nicht mehr vor Ort gefällt werden, obwohl dies für alle Beteiligten das Sinnvollste wäre. Schliesslich bestünde dabei die Gefahr, vom Werkvertrag abzuweichen. Und das ist weder vom Bauherrn noch von seinen diversen Kontrollinstanzen vorgesehen. Für König Alfons den Viertel-vor-Zwölften «ist ein Beschluss ein Beschluss». Für den Bauherrn «ist ein Werkvertrag ein Werkvertrag».