Elf gestandene Männer

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Elf Männer sassen im Schulzimmer an ihren Pulten hinter ihren Laptops. Der Jüngste war vielleicht Mitte 20, der Älteste in seinen Fünfzigern. Man sah ihnen an, dass sie normalerweise nicht am Schreibtisch sitzen, sondern körperlich und vor allem draussen arbeiten. Elf gestandene Männer also. Ich traf sie bei ihrer Strassenunterhaltspolier-Ausbildung im Campus Sursee. Genau wie sie werden demnächst alle Vorarbeiter und Poliere im Berufsfeld Verkehrswegbau ausgebildet. Infra Suisse und ihre Partnerunternehmen sind daran, die eidgenössische Berufsprüfung der Polierinnen und Poliere zu reformieren. Zusammen mit dem Campus Sursee wird die neue Ausbildung konzipiert. Zugegeben, grundlegend neu ist das Konzept nicht.

Die neue Ausbildung der Vorarbeiter und Poliere lehnt sich eng an die Grundbildung der Strassenbauer, Gleisbauer, Grundbauer, Pflästerer, Industrie- und Unterlagsbodenbauer an. Diese werden heute in der ganzen Schweiz nicht mehr in Schulfächern, sondern in sogenannten Lernthemen unterrichtet. Der Unterricht orientiert sich dabei konsequent an realen Situationen auf der Baustelle. Die Lehrlinge von heute sollen morgen eine Weiterbildung absolvieren können, wie sie es von der Grundbildung her kennen.

Wie bereits in der Grundbildung braucht es auch in der Weiterbildung andere didaktische Methoden. Weniger reine Wissensvermittlung und Frontalunterricht, mehr vernetztes Denken, Eigenverantwortung und Gruppenarbeiten. Das Lehrmittel füllt nicht mehr zig Ordner, sondern besteht im Wesentlichen aus einer digitalen Lernplattform. Darauf finden die Kursteilnehmer nicht nur alle Grundlagen wie Texte, Grafiken, Videos und wichtige Links, sie können auch Fragen stellen und Themen diskutieren. Und das zu jeder Zeit, von jedem Ort. Ohne Laptop geht bei der künftigen Vorarbeiter- und Polierausbildung also nichts mehr.

Zwei der elf Teilnehmer hatten vor dem Kurs keinen eigenen Computer, geschweige denn Kenntnisse im Umgang damit. Die Vorbehalte gegenüber der neuen Ausbildung waren verständlicherweise gross, nicht nur bei den beiden Computer-Neulingen. Davon ist aber nichts mehr zu spüren: Alle sind voll des Lobes. Die eine oder andere Verbesserung ist noch nötig, zurück zum alten System aber möchte niemand. Das freut mich. Der Verkehrswegbau bietet eine praxisnahe Weiterbildung – nicht nur für Digitale Natives, sondern auch für gestandene Fachleute.

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